„Wunderbares Gefühl“ auf der Förde

Seit 1926 ist die Kieler Förde ihr Revier: Die Jugendabteilung der Rudergesellschaft Germania Kiel feiert am 16. Juli 2016 ihr 90-jähriges Bestehen und blickt auf eine erfolgreiche Geschichte
mit sportlichen Höhepunkten und gemeinsamen Aktivitäten zurück. Dass die Sparte mit 80
Mitgliedern, unter ihnen die Junioren-Weltmeisterin Frieda Hämmerling, auch heute
noch lebendig ist, zeigt sie auch auf dem Wasser – mit einer Ausfahrt anlässlich des
Gründungsjubiläums.

Leichter Jugendvierer feierte 1927 Regattasieg in Schwerin

Erfolgreicher Start der Jugendabteilung: Bereits 1927 feierte der leichte Jugendvierer einen Regattasieg in Schwerin. Die Herren Rieper, Danker, Süverkrübbe, Bernitt, Trainer von Pein (v. li.) und Retzlaff (sitzend) waren zufrieden.

Als der „reine Herrenruderverein“ sich 43 Jahre nach seiner Gründung 1882 dazu entschied, auch die Jugend an die Riemen zu lassen, herrschte Aufbruchstimmung. Mit dem Umzug des Bootshauses vom Strandweg – der heutigen Kiellinie – auf das eigene Gelände im Düsternbrooker Weg 42 wagten die Vereinsgranden die für „das Wohl der Gesellschaft einschneidende Neuerung“, wie es in der Chronik heißt. Knapp ein Jahrzehnt nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde das Jugendrudern noch weniger als eine sportliche Form der Freizeitgestaltung gesehen, sondern galt mehr als eine „soziale Tat, vor allem für die schulentlassene Jugend“. Der „bewährte Rennsteuermann“ Emil Driebusch setzte sich damals für eine Jugendabteilung ein. 

„Jung-Germania“ wurde am 26. Januar 1926 gegründet

Die Jugendabteilung „Jung-Germania“ wurde schließlich am 26. Januar 1926 auf der Jahreshauptversammlung der Rudergesellschaft gegründet und vom ersten Jugendobmann Wilhelm von Pein „mit großer Liebe und besonderem Verständnis für die Jugend“ geleitet.

In den ersten Jahren stand das Rennrudern im Mittelpunkt, das gemeinsame Wanderrudern rückte erst später ins Blickfeld der Nachwuchssportler. Dadurch wuchs der Stellenwert der Jugendabteilung schnell, der Stammverein freute sich über den alljährlichen Wechsel „wohl ausgebildeter brauchbarer Rennruderer“. Neben den sportlichen traten auch die geselligen Aspekte in den Vordergrund. So bescheinigte eine Festschrift der Jugendabteilung, Abende zu veranstalten, „die an Harmonie und Gemütlichkeit nichts zu wünschen übrig“ ließen. Das Bootshaus bilde so eine „edle Stätte deutscher Jugenderziehung“.

In den Jahren des Nationalsozialismus machte die Gleichschaltung auch vor der Rudergesellschaft keinen Halt, die Jugendabteilung musste die Kieler Hitler-Jugend unter der Vereinsflagge nach außen vertreten. Auch in den Nachkriegsjahren lag das Vereinsleben zunächst brach, bis mit der Wiedererrichtung des Bootshauses 1956 erneut Ruderer in die Förde aufbrachen.

Trainer und Jugendliche beim Rudertraining

ustus Misch (links) und Cedric Hansen sowie weitere Jugendliche lassen mit ihrem Trainer und Vereinskollegen auf dem Steg vor dem Bootshaus im Düsternbrooker Weg ein Boot zu Wasser.

„Von dieser Zeit schwärmen die älteren Mitglieder heute noch“, berichtet Sabine Köhler, Vorsitzende der Rudergesellschaft. Damals seien Frauen zwar im Verein gewesen, gemischte Boote waren allerdings verboten. „Bei den Tagestouren sind die Jugendlichen dann bis Möltenort gerudert und haben die Boote gewechselt, sobald die Altvorderen außer Sicht waren.“ Diese Form des Zusammenhalts sei auch heute noch wichtig für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Gemeinsame Fahrten, Abende im Bootshaus und eine gute Betreuung sind entscheidend dafür, dass es den Mitgliedern im Verein gefalle.

In guter Erinnerung blieb „unsere Wilma“ Rehder

Trainer und Jugendliche beim Rudertraining

Nicht nur im Wasser erfordern die Boote Gleichgewichtssinn, auch auf dem Steg.

„Es hängt viel von den Persönlichkeiten ab und wie sie sich organisieren“, erzählt Köhler. In Erinnerung geblieben sei etwa „unsere Wilma“ – Wilma Rehder – die sich Ende der 60er-Jahre mit viel Liebe um die kleinsten Ruderer gekümmert habe. Heute sei man mit 60 männlichen und 20 weiblichen Jugendlichen gut aufgestellt, obwohl „es natürlich gerne mehr“ sein könnten, sagt die Vereinschefin.

Zurzeit habe man mit der Welt- und Europameisterin, der Juniorin Frieda Hämmerling (19), ein „absolutes Aushängeschild“ im Verein. Auch dadurch erhoffe sie sich weiteren Auftrieb für die Nachwuchsabteilung. Und auch sonst kennt die Vorsitzende ein schlagendes Argument für ihren Verein. „Das Gefühl bei einer Fahrt auf der Förde ist wunderbar, da kann man wunderbar abschalten.

Text: Lutz Timm, Kieler Nachrichten 15. Juli 2016

Impressionen Ruderjugend 2015